Nebenschilddrüse
Klinische Einteilung
Nebenschilddrüsenvergrößerungen können neoplastischer oder hyperplastischer Genese sein. Beim Hyperparathyreoidismus kommt es zu einer Vermehrung des zirkulierenden Parathormons, meist verbunden mit einer Überaktivität der Nebenschilddrüsen einzelner oder sämtlichen Nebenschildrüsenkörperchen. Der Hyperparathyreoidismus wird folgendermaßen unterteilt:
Art | Genese | Symptome |
Primärer Hyperparathyreoidismus (pHTP) | Überproduktion von Parathormon durch singuläres Nebenschilddrüsenadenom(75%) oder Hyperplasie aller vier Epithelkörperchen (10-15 %) | Hyperkalzämie; Muskelschwäche, Müdigkeit; Dekalzifizierung; häufig keine spezifischen Symptome |
Sekundärer Hyperparathyreoidismus (sHPT) | Hyperplasie der Epithelkörperchen durch chron. Hypokalzämie. Zugrunde liegt zumeist eine chronische Niereninsuffizienz, Malabsorbtionssyndrome mit Vitamin D Mangel oder eine Vitamin D- Synthesestörung (chron. Nierenerkrankungen) | Hypokalzämie; Meist nur mittelgradige Vergrößerung der Nebenschilddrüse. Muskelschwäche, Müdigkeit, Dekalzifizierung des Knochens. |
Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT) | Autonomie einer durch sekundären Hyperparathyreoidismus vergrößerten Nebenschilddrüse mit Autonomie in einer oder mehreren Epithelkörperchen | Oft Hyperkalzämie; Erhöhte PTH-Spiegel; Müdigkeit, Muskelschwäche, Dekalzifizierung; |
Hyperparathyreoidismus nicht-parathyroidaler Genese | Autonome Parathormonproduktion durch andere Tumore (Bronchus, Plattenepithelkarzinome, Adenokarzinome der Niere) | Erhöhter PTH- Spiegel |
Seltene Gründe für eine benigne Nebenschilddrüsenvergrößerung sind: Tuberkulose, Lipoadenome und die hyperplastische Parathyreoiditis.
Neoplasien sind in etwa 1 % Ursache für eine Nebenschilddrüsenvergrößerung. In 30 % der Fälle treten nach deren Entfernung lokale Rezidive oder Fernmetastasen auf. Differentialdiagnostisch sollte bei Hyperkalzämie und pHPT das Vorliegen eines malignen Tumors, bei älteren Patienten die Einnahme von Vitamin-D-haltigen Medikamenten mit deren Überdosierung oder das seltene Syndrom einer familiären hyperkalzämischen Hypokalzurie (FHH) ausgeschlossen werden. Diese Maßnahmen sind besonders bei perstierenden Hyperkalzämien nach Nebenschilddrüsenchirurgie erforderlich.
Pathogenese, Ätiologie
keine Angaben
Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt)
Basis-OP-Vorbereitung
Obligate Diagnostik
Klinische Untersuchung. Bestimmung des Kalziumspiegels. Bestimmung des Parathormonspiegels. Bei primärem Hyerparathyreoidismus: Zum Tumorausschluß eines PTH sezernierenden nicht-parathyroidalen Tumors: HNO-Konsil [Oropharynx], Thorax-Übersicht [Bronchus], Oberbauchsono [Pankreas], Urologisches Konsil [Niere]. Röntgenaufnahmen der Hand [Dokumentation der Dekalzifizierung].
Lokalisationsdiagnostik: Halssonographie und Hals-CT.
- Szintigraphie
- Thorax-CT [Mediastinale RF? Mediastinale Lage eines Nebenschilddrüsenkörperchens ?]
- Kernspintomographie
- Angiographie der Halsgefäße;
Therapieplan des primären Hyperparathyreodismus
Art | Verfahren | Besonderheiten |
Singuläre Nebenschilddrüsen- vergrößerung | Resektion des vergrößerten Nebenschilddrüsen- körperchens | Schnellschnitt; Biopsie eines weiteren Nebenschilddrüsenkörperchens |
Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen | (1) Totale Parathyreoidektomie | Lebenslange Substitutionstherapie mit Kalzium und Vitamin D |
(2) Subtotale Parathyreodektomie | Belassen eines Nebenschilddrüsenrestes und eines Markierungsclips zum erleichterten Wiederauffinden des Gewebes | |
(3) Totale Parathyreodektomie und Autotransplantation | Autotransplantation vorzugsweise im Bereich des M. sternocleidomastoideus; alternativ: nicht-dominanter Unterarm; Nebenschilddrüsenrestgewebe empfohlen; Kryokonservation von Gewebe möglich; Gefahr: Inkomplette Thyreodektomie und somit Belassen der Krankheitsursache im Hals- und Reimplantationsgebiet ! | |
'Doppeltes' Adenom | (1) Resektion der beiden Adenome | MEN I (mit asymmetrischer Hyperplasie) ausschließen ! |
(2) Subtotale Parathyreoidektomie | Belassen eines Nebenschilddrüsenrestes mit Markierungsclip | |
Nebenschild- drüsenkarzinom (extrem selten) | Resektion beider Nebenschilddrüsen der befallenen Seite, regionale Lymphadenektomie |
Therapieplan des sekundären und tertiären Hyperparathyreoidismus
Chronisches, nicht-dialysepflichtiges Nierenversagen:
Selten haben diese Patienten eine Erhöhung des Kalziumstoffwechsels, da die noch ungeschädigten Nephrone die Vitamin-D3-Synthese übernehmen können.
Medikamentöse Therapie durch Spezialisten: Diätetische Phospateinschränkung, Phosphatbinder, Kalziumkarbonatsubstitution, Substitution von 25[OH]-Vitamin D3 oder 1-alpha-hydroxiliertem D3.
Indikation zur chirurgischen Therapie: Demineralisation des Knochens, Knochenumbau mit Deformität, Weichteilverkalkungen, Verminderung der Körpergröße, steigende PTH und Kalziumspiegel ohne Ansprechen auf medikamentöse Therapie.
Verfahrenswahl: Subtotale Parathyreoidektomie mit Belassen eines Nebenschilddrüsenrestes; alternativ totale Parathyreoidektomie
Dialysepatienten:
Häufiger als bei nicht-dialysepflichtigen Patienten besteht hier eine Operationsindikation.
Medikamentöse Therapie: adäquate Dialyse mit Azidosekorrektion.
Indikationen und Verfahrenswahl:siehe oben.
Therapievorgehen [Chirurgie]
Aufklärung
Rekurrensparese, bleibende Heiserkeit, Tracheotomie (bds. Parese), ggf. Schilddrüsenresektion, Gefäß- und Nervenverletzung, Rezidiv der Stoffwechselstörung, Belassen von Nebenschilddrüsengewebe, lebenslange Kalzium- oder Vitamin D-Substitution. Kosmetisch unschöne Narbe.
Vorbereitung
Rasur. Lagerung überwachen.
Standardtherapie
Subtotale (3 1/2) Parathyreoidektomie
Nachbehandlung
abends: schluckweise Tee, normaler Kostaufbau
Kalzium- und Vitamin D Substitutionstherapie nach Parathyreoidektomie
Reoperationen
Reoperationen bei persistierendem pHPT sollten wegen postoperativer Verwachsungen entweder in den ersten Tagen nach der Primäroperation oder 12 Wochen später erfolgen.