Ösophagusdivertikel
Klinische Einteilung, Pathogenese
Ein Divertikel ist eine Ausbuchtung der gesamten Ösophaguswand oder ihrer Anteile. Pulsionsdivertikel entstehen durch einen erhöhten Innendruck des Ösophagus, es buchtet sich in der Regel nur die Ösophagusschleimhaut zwischen einer Muskellücke aus. Traktionsdivertikel entstehen durch Zug von außen auf die gesamte Ösophaguswand, und es findet sich dementsprechend eine Ausbuchtung aller Wandanteile. Sinnvollerweise unterscheidet man drei Typen des Ösophagusdivertikels:
Typ | Pathogenese | Häufigkeit |
Zervikales Divertikel (Zenker-Divertikel) |
Pulsionsdivertikel; Ursächlich ist eine Funktionsstörung des oberen Ösophagussphinkters mit Ausbildung des Divertikels im muskelschwachen Dreieck (Kilian) oberhalb des horizontalen Faserbündels des M. cricopharyngeus |
70% |
Parabronchiales Divertikel |
Traktionsdivertikel; Entstehung durch Lymphangitiden neben der Ösophaguswand und "Verziehen" der Ösophaguswand |
21% |
Epiphrenisches Divertikel |
Pulsionsdivertikel; Entstehung als Folge einer Funktionsstörung des unteren Ösophagussphinkters |
9% |
Symptome: Regurgitation, Dysphagie, Foetor, Halsumfang zunehmend
Spontanverlauf: Es kommt zur Größenzunahme des Divertikels mit Kompression von Nachbarstrukturen.
Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt):
Basis OP-Vorbereitung
Obligate Diagnostik
Bariumbreischluck, Ösophago-Gastro-Duodenoskopie, bei Pulsionsdivertikeln: Ösophagusmanometrie
siehe auch: Endoskopievideo Ösophagusdivertikel
AVI-Video (CD)
Fakultative Diagnostik
keine Angabe
Therapie [Chirurgie]
Indikaton: Die chirurgische Therapie ist Therapie der Wahl
Typ | Operation | Komplikation Aufklärungspunkte |
Zervikales Divertikel (Zenker-Divertikel) |
Standardverfahren: Divertikelabtragung oder -Pexie + zervikale Myotomie alternativ: transorale Divertikulotomie |
Speichelfistel, Rekurrensparese |
Parabronchiales Divertikel |
rechts-transthorakale Divertikelabtragung |
Ösophagusleckage, Mediastinitis, Phrenikusverletzung |
Epiphrenisches Divertikel |
links-transthorakale Divertikelabtragung, distale Ösophagusmyotomie |
Ösophagusleckage, Phrenikusverletzung |
Die Divertikulopexie ist bei kleinen Zenker-Divertikeln (< 2 cm) sinnvoll und vermeidet die Lumeneröffnung des Ösophagus. Als neuartige Alternative kann ein Zenker-Divertikel auch transoral mit einem Staplergerät (z.B. EndoGIA, Fa. Autosuture) "minimal invasiv" behandelt werden (Schwellenspaltung). Die Wertigkeit dieser Maßnahme ist noch nicht definiert, jedoch zeigen erste klinische Ergebnisse kurze Klinikaufenthalte und gute Funktionsresultate. Die transthorakale Divertikelabtragung ist in Einzelfällen thorakoskopisch vorgenommen worden.
Nachbehandlung (Zenker-Divertikel): Postoperativ ist eine Nahrungskarenz von 5 Tagen einzuhalten. In die zervikale Halswunde wird eine Easy-flow-Drainage eingelegt, die nach Oralisierung entfernt werden kann. Bei transoraler Divertikulotomie beginnen wir die Nahrungsaufnahme früher, z.B. am 3. p.o. Tag nach vorheriger Kontrastdarstellung des Ösophagus.
Therapie [Internistisch]
Indikation: aus unserer Sicht existiert keine sinnvolle konservative (nichtoperative) Behandlungsstrategie.
Rezidivprophylaxe: nicht notwendig
Erreichbare Behandlungsergebnisse: Die Mortalität der chirurgischen Therapie liegt bei 0-2 %, die Rate der Speichelfisteln bei 1-3 %, die Rate der Rekurrensparesen bei 1-3 %. Rezidive treten in 0.5-4 % der Fälle auf.