Kolitis ulcerosa
Klinische Einteilung, Pathogenese
Entzündliche und chronisch verlaufende Darmerkrankung mit bevorzugtem Befall des Kolons und hier vor allem des Rektums. Die Krankheitsursache ist unbekannt. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung durch Durchfälle mit Schleim- und Blutbeimengung. Die Erkrankung tritt in Schüben auf. Histologisch ist der Nachweis von Kryptenabszessen und das Auftreten von hyperplastischen Lymphfollikeln der Schleimhaut typisch. Befallen ist in der Regel die Mukosa und nicht die M. propria und Serosa. Extraintestinale Manifestationen der Kolitis ulzerosa (nahezu identisch wie bei M. Crohn) umfassen Erythema nodosum, Pyoderma gangränosum, Arthritis, Sakroileitis, Aphtöse Ulzera, Uveitis, Episkleritis, Sklerosierende Cholangitis, Nierenamyloidose, Nierensteine, Eisenmangelanämie, Beinvenenthrombose.
Epidemiologie
- Inzidenz 6-15 / 100 000 / Jahr
- Altersgipfel 20-40 Jahre
- Geschlecht kein Unterschied
- Geographie Gehäuftes Auftreten in der jüdischen Bevölkerung, bei farbigen Amerikanern; Selten bei Afro-Karibianern
Symptome: Durchfall, Schleim- und Blutbeimengungen
Spontanverlauf: Chronisch rezidivierender Krankheitsverlauf. Das Risiko der Karzinomentwicklung im Dickdarm im Verlauf der Erkrankung ist erhöht (5 % bei 10-jährigem Verlauf, 50 % bei 25-jährigem Verlauf). Das Risiko der Entstehung eines Gallenwegskarzinoms ist 21-fach gegenüber der Normalbevölkerung erhöht.
Mögliche Komplikationen: Toxisches Megakolon, Kolonperforation, Blutung
Prästationäre Masnahmen (Hausarzt):
Basis-OP-Vorbereitung, meist Fälle mit histologisch gesicherter Erkrankung aus gastroenterologischer Praxis
Obligate Diagnostik
- Anamnese
- Untersuchung des Abdomens
- Rektale Untersuchung, Rektoskopie, Biopsie
- Abdomenübersicht im Liegen und im Stehen, Pulmo (Megakolon? Freie Luft?)
- Routinelabor
- Stuhlkultur
- Kolonkontrasteinlauf (bei Perforationsverdacht oder akutem Abdomen mit Gastrografin, kontraindiziert bei Megakolon)
Fakultative Diagnostik
- Koloskopie
- Abdomensonographie (Leber, Niere: extraintestinale Manifestationen)
- Augenkonzil
Therapie [Chirurgie]
Indikaton:
Für elektive Eingriffe ist eine präoperative Korrektur der Malnutrition, der Elektrolyte und der Anämie Voraussetzung. Eine präoperativ durchgeführte Steroidtherapie sollte auf eine perioperative iv.-Substitution umgestellt werden.
Folgende Eingriffe kommen bei Kolitis ulzerosa zur Anwendung:
Operation | Indikation | Empfehlung |
Proktokolektomie mit endständigem Ileostoma | Kolitis ulzerosa | empfohlen wenn Sphinkterapparat nicht intakt |
Proktokolektomie mit J-Pouch (Ileum) und intraanaler Anastomose (Handnaht) oder Klammernahtanastomose (double stapling) | Kolitis ulzerosa | Therapie der Wahl, falls Sphinkterapparat intakt |
Subtotale Kolektomie (Ileostoma) | Notfalleingriff bei Kolitis ulzerosa oder Toxischem Megakolon | |
Multiple Kolostomien | Notfalleingriff oder Toxisches Megakolon | schlechter Patientenzustand |
Bei Anlage eines permanenten Ileostomas sollte die Modifikation nach Kock (kontinentes Ileostoma mit Resevoir) angewendet werden.
Abbildung: Toxisches Megakolon bei Kolitis ulzerosa, Abdomenübersicht: Quelle: MRI/C
Abbildung: Ileumpouch nach Kolektomie, Kontrasteinlauf: Quelle: MRI/C
Erreichbare Behandlungsergebnisse: Die Kolektomie eliminiert naturgemäß das Risiko für die Entwicklung des Kolonkarzinoms und führt häufig zur Remission von arthritischen Begleiterscheinungen und Haut- und Augenfolgeerkrankungen. Eine sklerosierende Cholangitis kann nach totaler Kolektomie auftreten. Falls eine intraanale Anastomosierung bzw. eine totale Kolektomie nicht erreicht werden kann, ist von einem Risiko von 6% für die Entwicklung eines Tumors im Rektumstumpf auszugehen.
Therapie [Internistisch]
Indikation: Therapie der ersten Wahl
Zur medikamentöse Behandlung der Kolitis ulzerosa stehen lokale und systemische Steroide, Immunsuppressiva und Antibiotika sowie TNF-alpha-Blocker zur Verfügung.
Nach gesicherter Diagnose erfolgt in der Regel eine Behandlung mit einem lokal wirksamen Kortikoid (Klysma oder Rektalschaum) und Mesalazin [Salofalk] 3 x 0.25 (0.5) g, bei akutem Schub zusätzlich Methyl-Prednisolon [Urbason] 40 mg, alle 5 Tage um 5 mg zurücksetzen, Erhaltungsdosis 10 mg, bis zur Remission und dann langsam ausschleichen. Bei Nichtansprechen dieser Therapie kann das Immunsuppressivum Azathioprin [Imurek] 100 mg / die (2 x 1 Tbl) gegeben werden.
Ist eine längerfristige Immunsuppression sinnvoll, sollte zunächst Azathioprin eingesetzt werden. Bei Unverträglichkeit kann auf 6-Mercaptopurin ausgewichen werden. Des Weiteren stehen einem sachkundigen Arzt weitere Reservemedikamente zur Therapie zur Verfügung. Diese kommen bei Patienten in Betracht, welche auf Cortison nicht oder nicht ausreichend ansprechen und bei denen Azathioprin keine Wirkung zeigt sowie in schwer verlaufenden Fällen oder auch begleitend zu Therapiebeginn mit Azathioprin: Methotrexat (MTX), Ciclosporin (Sandimmun®) und Tacrolimus (Prograf®)
Studien (ACT 1 und ACT 2) haben auch eine Wirksamkeit des TNF-alpha-Blockers Infliximab (Remicade®) bei Kolitis ulcerosa nachgewiesen. Infliximab sollte wenn möglich mit einer immunsuppressiven Behandlung (etwa Azathioprin) kombiniert werden. Die Verabreichung ist wie beim Morbus Crohn im Abstand von zwei und vier Wochen, wenn eine Dauertherapie notwendig ist, alle acht Wochen.