Gastrointestinale Lymphome
Klinische Einteilung
Die häufigste Lokalisation des gastrointestinalen Lymphoms ist der Magen, gefolgt von Dünndarm, Ileozökalregion und Dickdarm. Hodgkin-Lymphome des Gastrointestinaltraktes sind selten. Das Lymphom des Gastrointestinaltraktes wird der Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) zugerechnet. Im Gegensatz zu den nodalen NHL-Lymphomen bleibt die Erkrankung lange stationär bei niedriger Wachstumsaktivität. Die Beziehung des Lymphoms zur Darmmukosa und den Peyerschen Plaques führte zur Bezeichnung MALT-Lymphom (mucosa associated lymphoid tissue). Wichtig ist die Immunhistochemische und histologische Abgrenzung nach B- und T-Zellabstammung, auf der auch die gebräuchliche Klassifikation basiert.
Klassifikation des MALT-Lymphoms nach Isaacson et al, Hickish und Cunningham
B-Zell-Lymphom | Niedrigmalignes B-Zell-Lymphom des MALT |
Hochmalignes B-Zell-Lymphom des MALT mit oder ohne niedrigmaligne Komponente | |
Mediterranes Lymphom | |
Lymphomatöse Polypose (zentrozytisches Lymphom) des Gastrointestinaltraktes | |
Burkitt-Lymphom | |
nodale Lymphomtypen | |
T-Zell-Lymphom | Enteropathieassoziiertes T-Zell-Lymphom (EATCL) |
andere enteropathieassoziierte Typen |
Pathogenese, Ätiologie (hier: für das Magenlymphom)
Exogene Noxen: Parasiten? Helicobacter pylori?
Endogene Noxen: Atrophische Gastritis? AIDS?
Präkanzerosen: unbekannt
Symptome
In der Reihenfolge der Häufigkeit: Epigastrischer Schmerz, Gewichtsverlust, chronische Übelkeit, gastrointestinale Blutung, tastbarer Tumor.
Epidemiologie
- Prävalenz 5% aller malignen Neubildungen des Magens, steigend!
- Altersgipfel 55-60 Jahre
- Geschlecht Männer > Frauen (1,7:1)
- Geographie gehäuft im Nordosten von Italien
Stadieneinteilung des Magenlymphoms (Ann-Arbor-Einteilung nach Musshoff et al)
Stadium | Ausdehnung |
E I 1 | uni- oder multilokuläres Magenlymphom beschränkt auf Mukosa und Submukosa ohne Lymphknotenbeteiligung |
E I 2 | siehe E I 1 + Infiltration der Muscularis propria, Subserosa oder organüberschreitendes Wachstum ohne Lymphknotenbefall |
E II 1 | siehe E I 2 + Befall regionaler Lymphknoten |
E II 2 | siehe E II 1 + Befall regionaler Lymphknoten + organüberschreitendes Wachstum unterhalb des Zwerchfells |
E III | siehe E II 2 + Lymphknotenbefall ober- und unterhalb des Zwerchfells und Organbefall über dem Zwerchfell |
E IV | siehe E III + disseminierter Organbefall |
Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt):
Basis-OP-Vorbereitung und verfügbare obligate Untersuchungen siehe unten
Obligate Diagnostik
Thoraxübersicht, Bariumbreischluck, Endoskopie mit möglichst großer, repräsentativer Biopsie, Endosonographie, Oberbauchsono, Computertomographie des Abdomens, Computertomographie des Thorax (Ausschlus Stadium III/IV), Knochenmarksstanze, Helicobakter-Status.
Tumormarker: keine Angaben
Risikoprofil: Basisdiagnostik
Fakultative Diagnostik
keine Angaben
Therapievorgehen [Schema]
Behandlungsstrategie bei gastrointestinalen NHL-Lymphomen
Stadium | hochmaligne NHL-Lymphome | niedrigmaligne NHL-Lymphome |
E I 1 | OP + Chemotherapie | nur bei MALT-Lymphom: bei positivem H. pylori-Status: alleinige Eradikationstherapie, dann Restaging sonst: OP |
E I 2 | OP + Chemotherapie | OP + Radiotherapie |
E II 1 | OP + Chemotherapie | OP + Radiotherapie |
E II 2 | OP + Chemotherapie | OP + Radiotherapie |
E III | Chemotherapie | Chemotherapie |
E IV | Chemotherapie | Chemotherapie, Radiotherapie falls symptomatisch |
(Tabelle, modifiziert, aus dem Tumormanual für gastrointestinale Tumoren des Tumorzentrums München)
Therapievorgehen [Chirurgie]
Aufklärung
Anastomoseninsuffizienz, postoperative Dysphagie, Splenektomie, ggf. Pankreasresektion, Blutung, Fremdblut, Hepatitis, AIDS, Rezidiv, Intensivpflege
Vorbereitung
Legen eines zentralen Venenkatheters. Abführen mit 1/2-1 Portion Senna z.B. [X-Prep].
Operationsverfahren
- Subtotale Magenresektion: Standardverfahren bei den MALT-Lymphomen. Auch zur Verkleinerung der Haupttumormasse geeignet.
Totale Gastrektomie: Falls zur lokoregionären Tumorresektion erforderlich;
Standardlymphadenektomie:
Muss wegen der Chemo- und Strahlensensibilität im Gegensatz zum Magenkarzinom nicht vollständig erzwungen werden
Im Stadium I + II Lymphadenektomie empfohlen im Kompartment I und Kompartment II .
Rekonstruktion
Nach subtotaler Gastrektomie: Rekonstruktion nach BII mit antekolischer, isoperistaltischer GE und Braun´scher Fußpunktanastomose (Handnaht); alternativ Roux-Y-Technik.
Nachbehandlung
Standardmäßig wird das Abdomen nach Gastrektomie mit einer links subphrenisch nahe der Ösophagojejunostomie gelegenen Robinsondrainage drainiert. Bei Lymphadenektomie im Kompartment III: Robinsondrainage rechts subhepatisch empfohlen.
1-2. Tag.: Magensonde ex.
2. Tag: Schluckweise Tee, dann schrittweise Kostaufbau.
2-3. Tag: Linke subphrenische Robinson ex.
Keine Routine-Kontrolle der Anastomose erforderlich. Bei totaler Gastrektomie: Lebenslange B12-Substitutionstherapie (3 monatlich. z.B. B12-Vicotratim., iv., 1 Amp.). Ernährungsberatung. Pankreasfermentsubstitution sinnvoll (z.B. Kreon forte 3x2 o. 3x1 Kps, Btl. zu den Hauptmahlzeiten).
Therapieschemen [Onkologie]
Primäre systemische Chemotherapie
Im Stadium III, IV: Antrazyklinhaltige Polychemotherapie; CHOP, COPBLAM oder IMVP-16-Protokoll an spezialisiertem Zentrum
Primäre Strahlentherapie
Im Stadium III, IV: Ganzabdomenbestrahlung mit 25 Gy an spezialisiertem Zentrum;
Adjuvante oder additive Chemotherapie
Antrazyklinhaltige Polychemotherapie; CHOP, COPBLAM oder IMVP-16-Protokoll an spezialisiertem Zentrum
Anhaltspunkte zur Prognose
am Beispiel des Magenlymphoms
Stadium E I: 75-85% 5-Jahresüberleben
Prognostisch günstige Faktoren: Stadium I, II 1; Tumorgröße < 10 cm; Keine Ausdehung über die Submukosa hinaus; histiozytäre oder großzellige Histologie; initiale Response auf Chemotherapie; R0-Resektion;