Hypokalzämie nach operativen Eingriffen am Hals
Hypokalzämie wegen eines akuten Hypoparathyreoidismus, vor allem nach Schilddrüsen- und Nebenschilddrüseneingriffen ist häufig. Meistens ist sie passager und für den Patienten asymptomatisch. Die Dringlichkeit der Behandlung richtet sich nach den Symptomen (Chvostek Zeichen, Trousseau Zeichen, Paraesthesien, carpopedale Krämpfe, Tetanie, epileptiforme Anfälle, evtl. QT Verlängerungen im EKG).
Beim asymptomatischen Patienten muss auch bei tiefem Kalzium keine parenterale Substitution erfolgen. Hingegen sollte der Beginn einer peroralen Substitution erwogen werden, wenn das Calcium postoperativ rasch auf <2mmol/l abfällt. Die übliche perorale Substitutionsmenge beträgt 1-2g Kalzium/Tag. Bei akuten Symptomen und tiefen Kalziumwerten ist (zusätzlich) immer eine intravenöse Verabreichung mittels Infusion (siehe unten) zu verabreichen, um eine möglichst rasche Symptomfreiheit zu erzielen.
Kalziumsubstitution intravenös
Infusionszubereitung: 10 Amp. Calciumglubionat (Calcium Sandoz 10% Ampullen) à 90 mg Ca++ pro Ampulle in 1000 ml Glukose 5 %.
Infusionsgeschwindigkeit: 50 ml (d.h. 45 mg Ca++ ) pro Stunde i.v. und je nach symptomatischer Wirkung Anpassung nach untenstehendem Schema in 2 – 4 stündigen Abständen.
Blutentnahme: nach 4 Stunden (entweder grünes Röhrchen Kalzium total und Albumin messen oder venöse Blutgasanalyse, ionisiertes Kalzium ankreuzen).
Freies (=ionisiertes) Kalzium (mmol/l) |
Kalzium total im Serum* (mmol/l) |
Infusionsgeschwindigkeit (ml/h) |
> 0.9 |
> 2,4 |
Infusion Stopp |
0.8 – 0.89 |
2,1 – 2,4 |
10 |
0.7 – 0.79 |
1,8 – 2,09 |
25 |
0.6 – 0.69 |
1,5 – 1,7 |
50 |
< 0.6 |
< 1,5 |
75 |
*Albumin-korrigiertes Kalzium
Kalzium korrigiert (mmol/l) = Kalzium gemessen (mmol/l) – 0.025 x Albumin (g/l) + 1
Spätestens nach 24 Stunden kann bei einem asymptomatischen Patienten die Infusion gestoppt werden, falls Kalzium total ≥ 2.1mmol/l (bzw. freies Kalzium ≥ 0.8mmol/l). Weiterführen der oralen Therapie wenn möglich mit 2g/Tag (falls gastrointestinal toleriert).
Kalziumsubstitution peroral
Gleichzeitig mit der intravenösen Therapie Verabreichung von Kalzium per os. Mindestens 1g/Tag. Maximal 2g/Tag (Calcium Sandoz F 500mg BrTbl oder Calcium Sandoz FF 1000mg BrTbl).
Calcitriol
Handelt es sich um eine persistierende substitutionsbedürftige Hypokalzämie, so soll rasch zusätzlich zur Kalziumsubstitution mit Calcitriol (Rocaltrol®) 0.5μg einmal täglich begonnen werden. Im längerfristigen Verlauf meist Reduktion auf 0.25 μg einmal täglich. Cave: Bei Niereninsuffizienz sind sehr schnelle (innert Tagen) Anstiege von Serumkalzium unter Calcitriol möglich.
Empfehlung für den Hausarzt
Beim asymptomatischen Patienten mit einem Albumin korrigierten Kalziumwert ≥ 2.1mmol/l, kann auf eine Substitution mittels Calcitriol verzichtet werden. Bei einem persistierenden Kalziumwert < 2.1mmol/l weiterhin Rocaltrol® 0.5μg einmal pro Tag plus üblicherweise 1 g Kalzium täglich. Kontrolle nach 7-10 Tagen nach Entlassung (Ca, Albumin, Krea und PTH). Bei normalisierten Werten (besonders normalisiertem PTH) soll Rocaltrol® abgesetzt werden. Weitere Laborkontrollen nach 2-4 Wochen, worauf bei anhaltend normalen Werten auch Kalzium gestoppt werden kann.
Nach totaler Thyreoidektomie erholt sich die postoperative Hypokalzämie in der Regel nach spätestens 4 Wochen komplett, sofern die Nebenschilddrüsenkörperchen nicht entfernt wurden.
Spezialfälle
Längerfristige Kontrollen sind vor allem nach Autotransplantation von Epithelkörperchen notwendig (bis zu 1-2 Jahre nach Operation).
(Quelle: Klinikrichtlinien des Kantonsspitals Graubünden)